Auf Du und Du mit der Natur

 

Von Silas Schwab, Badische Zeitung Titisee-Neustadt

 

Die Hansjakobschule ist auf dem Weg, Naturparkschule zu werden / Eine Wanderung zeigt deren besonderen Charakter.

TITISEE-NEUSTADT. „Das ist so“, erklärt Jason aus der 2a der Hansjakobschule: „Die Schmetterlinge suchen die Gerüche von Blumen, wo sie sich dann den Nektar holen.“ Jason weiß, wovon er spricht. Gemeinsam mit seinen Mitschülern hat er nämlich schon viel über die Natur in seiner Heimat gelernt. Verantwortlich dafür ist seine Klassenlehrerin Nadine Kürner, die als Projektleiterin aus der Hansjakobschule eine Naturparkschule machen will. Der Weg dahin ist nicht mehr weit, wie bei einem Ausflug auf die Wiesen am Reichenbach deutlich wird.

 

Die Zweitklässler sitzen in ihrem Klassenzimmer wie auf heißen Kohlen. Raphael Böhm, Geographiestudent aus Freiburg und Erlebnispädagoge am Haus der Natur auf dem Feldberg, ist zu Besuch, und die Kinder wissen, dass das nur einen Ausflug in die Natur bedeuten kann. Schon auf dem Fußmarsch in den Reichenbach erzählen sie begeistert von den bisherigen Naturpark-Bausteinen. „Wir durften bei einem Imker direkt aus den Waben essen“, erzählt Melissa. „Das war aber eklig“, meint Jannis. Zwei Mädchen – beide heißen Mia – sind ganz anderer Meinung: „Das war total frisch. Wirklich lecker.“ Sie spielen auf einen Besuch bei Imker Bernhard Saier im Jostal an. Hierfür hat der Förderverein der Hansjakobschule extra einen Satz Imkerhüte mit Schleier besorgt. „Jede Klasse soll damit einmal die Möglichkeit bekommen einen Imker zu besuchen“, erklärt Beate Ketterer, die Vorsitzende des Fördervereins.

In Zweierreihen kommen die 23 Schülerinnen und Schüler schließlich an einer Wiese am Reichenbach an. Raphael Böhm beginnt mit einem Spiel. Die Kinder spielen Bienen. Ein Mitschüler in der Rolle des Rasenmähers raubt ihnen dabei aber immer mehr Platz. „Das ist echt doof für die Bienen“, stellt Nick fest. Besser für die Insekten, lernen die Kinder dann, ist es, wenn nicht alle Blüten immer abgemäht werden. „Aber die Bauern brauchen doch trotzdem Futter für die Kühe“, erkennt Mia. Die Lösung: „Man sollte einfach die Hälfte mähen und die andere Hälfte erst später“, schlägt Nick vor. So wird es im Idealfall auch gemacht, löst der Experte auf.

 

Die Kinder sind sich ihrer ökologischen Verantwortung schon bewusst. „Wir mähen extra den Rasen nicht mehr so oft“, sagt Mia. „Eigentlich brauchen wir noch mehr Naturschutz“, pflichtet Paul ihr bei.

Im Herbst will die Hansjakobschule das Zertifikat Naturparkschule erhalten. Dieses Umweltbildungsprogramm, das seit 2011 besteht, soll schon die jüngsten Bewohner des Naturparks Südschwarzwald an kritische Themen der nachhaltigen und naturverträglichen Entwicklung heranführen. In einzelnen Modulen, die die Schule selbst gestalten darf, beschäftigen sich Naturparkschulen mit den drängenden Fragen des Naturschutzes, der Landwirtschaft und Biologie der Region.

Im Fall der Klasse 2a geht es heute um das Insektensterben. Mindestens ein außerschulischer Partner, ein Experte, muss dabei vor Ort sein, schreibt das Projekt vor. Treibende Kraft dabei ist Nadine Kürner. Sie ist Klassenlehrerin und übernimmt die Projektleitung an der Hansjakobschule. Neben dem Modul Wiese hat sie sich in diesem Schuljahr ebenfalls um die Themen Imkern, Frühblüher, Wald und Bauernhof gekümmert und den Kindern Projekte ermöglicht. Ein Modul besteht aus einer Unterrichtseinheit, bei der das Thema zuerst theoretisch von den Kindern erarbeitet wird und einer anschließenden praktischen Erfahrung in der Natur. Ohne Kooperationen wäre das nicht möglich gewesen, erklärt Kürner. Imker Bernhard Saier, der Fallerhof im Jostal, die Gärtnerei Götz, Gabriele Peters-Richter als Expertin für Weidenkörbe und Förster Manfred Laule-Wittmer haben die Schule in ihrem Anerkennungsjahr als künftige Naturparkschule aber schon tatkräftig unterstützt. „Ab jetzt werden alle Kinder dieser Schule unsere Naturparkmodule durchlaufen“, kündigt Kürner an, auch wenn die endgültige Zertifizierung noch aussteht.

Nach einer kurzen Verschnaufpause wird die Klasse aufgeteilt. Während einige Kinder aus Pflanzen am Wegrand Bilder legen, fangen die anderen in Lupenbechern wilde Insekten ein. Ein Kind erwischt sogar eine Raupe, aber auch Spinnen, Junikäfer, Marienkäfer und Schwebfliegen befinden sich unter den umjubelten Funden. Die Kinder identifizieren die Insekten und Blumen schneller als manch ein Erwachsener. „Das hat uns alles Frau Kürner in der Schule beigebracht“, erklärt Jason. Auf der Wiese direkt in Kontakt mit den Lebewesen zu kommen sei aber nochmal um einiges cooler, als sie im Unterricht auf Arbeitsblättern zu sehen.