Inklusion in der Hansjakobschule

Badische Zeitung vom 11. Juni 2015

Zwei Lehrer für eine Klasse

INKLUSION IN TITISEE-NEUSTADT:Die Hansjakobschule blickt bereits auf sieben Jahre inklusiven Unterricht zurück.

  1. Das inklusive Betreuerteam der Klasse 3b der Hansjakobschule (von links): Sonja Cordes-Schmid, Tobias Roth, Alina Hannig, Jutta Kleiser, Martina Kaltenbrunner und Johanna Erhard. Foto: Ute Kienzler

TITISEE-NEUSTADT. Jeder Mensch hat das Recht, gleichberechtigter Teil der Gesellschaft zu sein – so heißt es in der Behindertenkonvention der Vereinten Nationen. Inklusion kann schon im Kindergarten geleistet werden, um dann in der Schule fortgesetzt zu werden. Die Kindergärten und Schulen in Neustadt handhaben die Inklusion auf unterschiedliche Weise. Die Hansjakob-Grundschule mit Rektor Stefan Lotze kann mit einigem Erfolg auf eine siebenjährige Erfahrung mit inklusivem Unterricht zurückschauen.

Aufgeschlossenheit gegenüber dem Thema besteht in allen Einrichtungen, doch die Umsetzung fordert den beteiligten Erziehern und Lehrkräften Einiges ab. Die Schüler der ersten inklusiven Klasse der Hansjakobschule werden inzwischen in der siebten Klasse am Kreisgymnasium inklusiv beschult. „Als eine der Modellschulen des Schulamtes Freiburg arbeiteten wir von Beginn an nur mit Gruppenlösungen, das heißt, wir bilden inklusive Klassen aus 18 Regelgrundschülern und sechs Kindern des Förderzentrums. Wir haben damit, wie viele andere Erprobungsschulen auch, so gute Erfahrungen gemacht, dass dieses Modell nun auch per Schulgesetz die frühere Einzelinklusion ersetzt“, sagt Lotze.

Im Moment besuchen 19 Kinder der Schule für Geistigbehinderte und der Förderschule inklusiv die Hansjakobschule, sie sind auf drei Klassen verteilt. Eine Grundschullehrerin sowie eine Sonderschullehrerin betreuen jeweils eine dieser Klassen als Team, zusätzlich ist für mehrere Stunden wöchentlich ein dritter Lehrer anwesend. Nur durch dieses „Teamteaching“ sei es möglich, das Recht der behinderten Kinder auf sonderpädagogische Bildung zu erfüllen, meint Lotze. Das funktioniere nur mit einer großen Ressource an entsprechend ausgebildeten Lehrkräften.

Behinderte Kinder haben andere Lernziele als Regelschulkinder und machen auch andere Abschlüsse. Ab der zweiten Klasse werden die inklusivbetreuten Kinder in den Fächern Deutsch und Mathematik getrennt unterrichtet.

Lotze sagt, dass in allen Grundschulklassen, nicht nur in den inklusiven, Schüler mit Unterstützungsbedarf zu finden seien: „Da ist das syrische Kind ohne Deutschkenntnisse, da ist das Kind, das zu Hause unzureichend betreut wird, und da sind die Kinder, deren Eltern eine zum Wohle des Kindes eigentlich notwendige sonderpädagogische Überprüfung verweigert haben.“ Wenn die Überprüfung dem Kind einen Anspruch auf ein sonderpädagogisches Bildungsangebot zuerkennt, können die Eltern wählen, ob sie diesen Anspruch in einer Sonderschule oder in einem inklusiven Bildungsangebot an einer Grundschule einlösen. Eigentlich sei das ganze Kollegium inklusiv gefordert: „Inklusion hört ja nicht an der Tür des Klassenzimmers auf. In der Pause, in der Mensa, während der Nachmittagsangebote und an Projekttagen, bei der Busaufsicht sind unsere inklusiven Kinder natürlich auch zu berücksichtigen“, betont Lotze.

„Inklusion hört ja nicht an der Tür des Klassenzimmers auf.“

Rektor Stefan Lotze

Für die Realschule besteht laut Rektorin Christina Bronner im Moment noch keine Nachfrage nach Inklusion. „Über die Jahre hinweg besuchten vereinzelt immer wieder Kinder mit Behinderungen unsere Schule, diese hatten jedoch keinen Anspruch auf sonderpädagogische Betreuung. Einzig ein Kind aus der Schule für Hörgeschädigte in Stegen war Schüler bei uns und wurde punktuell durch einen sonderpädagogisch ausgebildeten Lehrer betreut“, sagt Bronner. Für körperbehinderte Kinder sei die Schule baulich im Moment nicht zugeschnitten, schon der Aufzug fehle. „Sollte eine Nachfrage an uns herangebracht werden, haben wir natürlich ein offenes Ohr.“